Eine Schülerin berichtet von der Fahrt nach Taizé

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Nachdem Herr Mende bereits zuvor sehr viel von Taizé geschwärmt hatte, sind wir mit unserer Schulgruppe (bestehend aus 16 Leuten in dem Alter zwischen 17 und 21 Jahren) gemeinsam mit einer Nachbarschule aus Tempelhof Richtung Frankreich aufgebrochen. Wir alle hatten gemischte Gefühle und Erwartungen und konnten uns nur sehr schwer vorstellen, was dort auf uns zukommen wird. Nach 12 Stunden Zugfahrt waren wir aber mehr als bereit, dieses herauszufinden. Auch wenn wir diese Reise gemeinsam antraten, war es eher eine Reise für uns selbst und zu uns selbst.

Während der Hinfahrt nach Taizé war die Sonne unser stetiger Begleiter. Endlich dort angekommen, fing es dann leider an in Strömen zu regnen, was für das Aufbauen des Zeltes eher suboptimal war. Dieses Problem hatten die drei Mitfahrer, die in Baracken untergebracht waren, aber nicht. Insgesamt hatten wir während der Woche in Taizé allerdings das Glück, mehr gutes als schlechtes Wetter gehabt zu haben, so konnten wir sowohl sehr von dem schönen Gelände, besonders dem garden of silence, aber auch von dem traumhaften Panorama durch den Blick auf die Berge von Burgund profitieren.

Morgens, mittags und abends fanden die Prayer statt. Dies waren halbstündige Andachten, die aber viel schöner waren als die Gottesdienste, die wir bisher kannten. Wir saßen, genauso wie auch die Brüder von Taizé, alle auf einem Teppichboden oder auf Hockern und waren somit alle auf einer Ebene. Es gab also nicht das Gefühl einer Hierarchie, was es sehr besonders gemacht hat. Da die Teilnehmer aus unterschiedlichen Nationalitäten kamen, wurden sowohl die Lieder als auch die Bibeltexte in den dort vertretenen Sprachen gelesen und gesungen, in dem Fall Französisch, Niederländisch, Schwedisch, Deutsch und natürlich Englisch.

In jedem Prayer gab es 8 Minuten der Stille, schwer vorstellbar, aber 400 Menschen und 73 Brüder (die ebenfalls aus der ganzen Welt kommen) haben einfach mal nur geschwiegen. Ich habe die Zeit genutzt, um mich selbst zu finden, in mich zu gehen oder manchmal auch einfach nur die beeindruckende Atmosphäre auf mich wirken zu lassen.

Durch die festen Uhrzeiten, an denen wir Vorträge der Brüder hörten, kleine Gesprächsgruppen hatten, gemeinsam Frühstück, Mittag, Abendbrot aßen, war der Alltag fest strukturiert und diese ständige Routine hat uns sehr viel Ruhe, Ordnung und Ausgeglichenheit geschenkt.

Da es in Taizé keine Angestellten gibt, die sich um das Camp kümmern, müssen die notwendigen Aufgaben von den Jugendlichen erledigt werden. Wir hatten alle unterschiedliche Jobs. Einige waren für die Essenvorbereitung oder Essenausgabe eingeteilt, einige für die Reinigung der Kirche (so wie ich) oder der Sanitäranlagen (so wie Herr Mende) und manche auch für den Verkauf am Oyak, was eine Art Kiosk war.

Das Zusammensitzen bei den Mahlzeiten und Gesprächsgruppen mit den unterschiedlichsten Menschen von verschiedenen Ländern oder sogar Kontinenten hat mir gezeigt, dass wir alle so viel ähnlicher sind als wir denken und die sprachlichen Barrieren kaum eine Rolle spielen. Wirklich jeder wird bedingungslos in die Gemeinschaft aufgenommen, egal, wo er herkommt, wie er aussieht, wen er liebt, wie reich er ist oder ob er getauft ist. Statussymbole und materielle Güter haben dort keinen Wert, dies ist sehr befreiend, wir alle sind dort gleich und ein Teil des Ganzen.

In den Gesprächsgruppen haben wir uns auch über Pfingsten unterhalten, die frühchristliche Gemeinschaft und dass dort alle Brüder und Schwestern waren und genau so hat sich das in Taizé angefühlt. Es war für mich sehr faszinierend, wie Taizé es schafft, die Generation anzusprechen, die sich mehr und mehr von der Kirche distanziert hat. Es war auch schön, sich über die eigenen Erfahrungen und den eigenen Glauben auszutauschen, da es mir gezeigt hat, dass die Frage nach Gott bei vielen Jugendlichen immer noch eine große Relevanz hat.

Nach Taizé kann ich jetzt wieder mit Stolz sagen, dass ich froh bin, eine Christin zu sein und ein kleiner Teil von dieser großen wunderbaren Gemeinschaft. Es war dort so harmonisch und familiär, dass ich nichts und niemanden vermisst habe und weniger als 9 min Handy Zeit pro Tag hatte.

Deborah, 13. Jahrgang